Meerjungfrau-Serie

Am Rande eines Bergsees steht eine Frau regungslos auf einem zerklüfteten Felsen. Ihr dunkles Haar verheddert sich im Wind, während sie in das Wasser starrt, in dem sich ihr Spiegelbild kräuselt und bruchstückhaft ist. Nach dem plötzlichen Verlust ihres Mannes packt sie der Kummer - rau und unerbittlich. Schweren Herzens nimmt sie einen letzten Atemzug und stürzt sich vom Abgrund in die kalte Umarmung des Sees.

Aber das Wasser ist nicht so gleichgültig, wie es scheint. In ihm pulsiert eine stille, uralte Kraft, die die Frau nicht zu ergründen vermag. Der See, in seiner zeitlosen Weisheit, weigert sich, sie von der Verzweiflung beanspruchen zu lassen.

Die Wellen wirbeln und winden sich, wiegen sie, während sie sinkt, und tragen sie dann mit überraschender Sanftheit nach oben. Als sie auftaucht, setzt der See sie auf einem glatten, flachen Felsen am Ufer ab. Die Frau liegt still, ihr Atem geht flach, während sich das Wasser wie Lichtbänder um sie schlängelt.

Eine gefühlte Ewigkeit lang wirkt der See seine Verwandlung, webt seinen Zauber durch sie hindurch. Das Licht wird heller, schimmert auf der Oberfläche, bevor es in der Stille verschwindet. Als die Frau wieder erwacht, ist sie nicht mehr die, die sie einmal war. Ihre Gestalt ist neu - anmutig, ätherisch, sowohl dem Wasser als auch der Welt darüber zugehörig.

Ihr Kummer ist nicht verschwunden, sondern hat sich gemildert und in eine tiefe Quelle des Mitgefühls verwandelt. Sie bewegt sich nun zwischen zwei Welten und bietet denen Trost und Heilung an, die wie sie einen zu großen Kummer haben, um ihn allein zu tragen.

Der Mythos der Meerjungfrau zieht sich durch alle Kulturen und wird in den Geschichten, die das Meer erzählt, geflüstert. Die moderne Vorstellungskraft mag das Märchen von Die kleine Meerjungfrau-mit seinen eingängigen Liedern und farbenfrohen Animationen - geht die Sage von der Meerjungfrau viel weiter als Disneys Darstellung.

Eine der ältesten bekannten Legenden über Meerjungfrauen ist die von Atargatis, der assyrischen Göttin des Wassers, der Fruchtbarkeit und des Mondes. Sie wurde in mit Gold und Diamanten geschmückten Tempeln verehrt und ihre Anhänger schwammen durch ein heiliges Becken mit lebenden Fischen, um ihren Altar zu erreichen.

Die Darstellung von Meerjungfrauen reicht bis ins 8. bis 10. Jahrhundert v. Chr. zurück, wobei einige der frühesten Darstellungen in Höhlenmalereien aus der Steinzeit zu finden sind. Als sich die Menschen zum ersten Mal über das sichere Land hinaus wagten, um die weiten und unberechenbaren Meere zu erforschen, nahmen Geschichten über geheimnisvolle, halbmenschliche Gestalten Gestalt an.

Diese Geschichten, die aus Neugier, Sehnsucht und den ewigen Geheimnissen des Ozeans entstanden sind, fesseln nach wie vor, da sie die zeitlose Anziehungskraft des Meeres und die verwandelnde Kraft seiner Tiefen widerspiegeln.